Chefsache Prävention II

Leseprobe


KompChefsache Prävention II

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Inhaltsverzeichnis

12.1      Führungskräfte müssen motivieren

12.2      Wozu Werte im Unternehmen?

12.3      Der erste Schritt zum wertvollen Unternehmen

12.4      Werte umfassen das ganze Leben

12.5      Es gibt immer einen Grund

12.6      Ein leichtes Leben mit Werten?

12.7      Grundwerte

12.8      Das Ziel von Arbeit

12.9      Wie kommen die Werte ins Unternehmen?

12.10    Wertschätzung

12.11    Über den Autor

 

Der Sommer war endgültig vorbei und die Nächte wurden kühl. Höchste Zeit also, unseren Pool abzudecken. Als wir das letzte Trapezblech hochhoben, bemerkten wir darunter ein Igelnest. Nach vorsichtiger Inspizierung stand eindeutig fest, es war bewohnt.

Normalerweise müssen wir unsere beiden Jungs mit neun und zwölf Jahren dazu nötigen, ihren kleinen Beitrag zur Haus- und Gartenarbeit zu leisten. Dieses Mal war es jedoch anders. „Wir brauchen viel Laub, damit die Igel im Winter nicht erfrieren!“, lautete das Kommando. Und dann geschah etwas Wunderbares:

Wie Wirbelwinde sausten die Kinder in die Garage, holten die Rechen und begannen tatsächlich mit Feuereifer das Laub auf unserer Gartenwiese zu kleinen Haufen zusammenzukehren. Geschwind wurden die Laubhaufen dann über dem Igelnest platziert. Ohne Aufforderungen waren die Jungs tatsächlich begeistert bei der Arbeit. Nach getaner Tat standen sie noch sehr lange vor ihrem Werk und warteten darauf, dass sich vielleicht ein Igel zeigt. Müde, aber gleichzeitig sehr zufrieden, setzten sie sich schließlich an den Küchentisch und beratschlagten, wie sie die Igel gut durch den Winter bringen könnten.

 

Führungskräfte müssen motivieren

Seit Jahrzehnten geistert dieser Mythos in der Managementliteratur herum. Ziel muss es sein, die Mitarbeiter zu mehr Engagement und Eigeninitiative zu bewegen. Ohne Motivation durch die Führungskräfte ist das nicht zu erreichen. Mit einer derartigen Haltung schaffen wir uns aber selbst gleich mehrere Probleme:

  1. Diese Haltung impliziert, dass Mitarbeiter im Grunde faul und nicht am Unternehmen interessiert sind. Wozu müsste man sie sonst motivieren? Das könnte zu einer sogenannten „selbsterfüllenden Prophezeiung“ werden. Wir kreieren damit eine Wirklichkeit, die wir in Wahrheit nicht möchten.
  2. Wie wollen wir motivieren? Wollen wir tatsächlich auf den Tisch springen und „Tschaakaa! Du schaffst es!“ rufen? Mal abgesehen davon, dass unsere Mitarbeiter uns dann für vollkommen übergeschnappt halten würden, wäre der Erfolg vermutlich bescheiden. Oder wollen wir tatsächlich permanent mit Anreizen und Prämien agieren?

 

Die Motivationsforschung hat eindeutig belegt, dass es nur eine anhaltende, nachhaltige Motivation beim Menschen gibt – die intrinsische Motivation. Das Tun aus eigenem Antrieb, aus Freude an der Sache. „Wollen“ lautet hier das Zauberwort.

Die Motivation von Führungskräften ist eine Beeinflussung von außen und damit extrinsische Motivation. „Wie kann ich den Mitarbeiter manipulieren, dass er etwas tut, was er freiwillig nicht tun würde?“, lautet die Haltung dahinter. In meinen Augen ist das höchst verwerflich. Das ist doch ein eindeutiger Versuch einer Dressur. So bringt man Tieren Kunststücke bei.

Beispiel

Als ich meinem Hund das „Bei-Fuß-gehen“ lehrte, hatte ich immer ein paar Stückchen Wurst in der Hand. Wenn er die Sache gut gemacht hat, dann gab es ein Stück als Belohnung.

 

Wenn wir mit einem ansehnlichen Euroschein wedeln, wird sich vermutlich jemand finden, der die ungeliebte Aufgabe für diese Summe abarbeitet. Diese Art der Motivation wirkt natürlich auch, aber nur kurzfristig. Der größte Nachteil ist aber der, dass die Summen oder Anreize immer größer werden müssen, um längerfristig den gewünschten Effekt zu erzielen. Außerdem werden Mitarbeiter damit zur Abhängigkeit „erzogen“. Nicht mehr die Erfüllung der Aufgabe steht dann im Vordergrund, sondern das Erreichen der Prämie. Das Hauptproblem ist aber, dass die intrinsische Motivation abnimmt, je mehr die extrinsische Motivation zunimmt.

Das Beispiel mit dem Igelnest zeigt eindringlich, dass die Leistung der Handelnden automatisch hoch ist, wenn der Sinn einer Tätigkeit klar erkennbar ist – und die Betroffenen sich damit einverstanden erklären. Laub zusammenrechen an sich ergab für die Kinder keinen Sinn. Leben zu schützen, hat da schon eine ganz andere Dimension. Wir sollten uns also weniger auf die Motivation von Mitarbeitern konzentrieren, sondern vielmehr auf die Vermittlung der Sinnkomponente. Die Igel durch den Winter zu bringen machte für unsere Jungs Sinn, also haben sie tatsächlich ihr Bestes gegeben. Wenn sich der Sinn einer Arbeit nicht erschließt, dann wird es zusätzliche Anstrengungen brauchen, um zumindest ein akzeptables Ergebnis zu erzielen. Wir sollten also in einfachen Worten erklären, in welchem größeren Kontext die Arbeit steht und warum sie wertvoll ist.

Die Bereitschaft, sein Bestes geben zu wollen, ist bei Mitarbeitern speziell in den ersten Tagen im neuen Job besonders groß. Diese Motivation aufrecht zu halten, ist die Herausforderung an Führungskräfte. Um motivierte Mitarbeiter zu haben, ist es von immenser Bedeutung, die Richtigen einzustellen. Der entscheidende Punkt ist die Haltung des Mitarbeiters, mit der er an die Aufgaben herangeht. Wer seine Arbeit gerne macht, wird sie in der Regel auch gut machen. Also nicht motivieren, sondern vielmehr Demotivation vermeiden, lautet die oberste Führungsaufgabe.

Demotivation passiert leider rasch. Der Mitarbeiter grüßt und ich bin so in Gedanken, dass ich nicht zurückgrüße. Ein Mitarbeiter hat etwas gut gemacht und ich agiere, als wäre das selbstverständlich. Ein Fehler ist passiert und ich reite darauf herum. Es gibt noch viele, viele Möglichkeiten mehr.

 

Wozu Werte im Unternehmen?

Wer den Sinn der Aufgabe erfasst und sich damit einverstanden erklärt, den braucht man nicht zu motivieren, der motiviert sich selbst. Deshalb haben wertvolle Unternehmen auch klare Werthaltungen, die nicht nur schön an einer Wand hängen, sondern auch gelebt werden. Die Erfüllung von Werten gibt dem Leben Sinn. Wir brauchen keine Leitbilder an der Wand, sondern gelebte Werte und damit wahrhaftige Orientierung im Alltag.

In meiner Funktion als Berater begleite ich Unternehmen auf dem Weg zur sinn– und werteorientierten Unternehmensführung. Dabei kommt unweigerlich der Punkt, an dem ich dann gefragt werde, ob man diese Werte tatsächlich immer im Auge haben müsse. Meine Antwort lautet: Absolut. Bei Werten ist es wie beim Kinderkriegen. Man kann auch nicht ein bisschen schwanger sein. Also entweder ganz oder gar nicht.

 

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